Medizinalcannabis darf seit 2017 in verschiedenen Darreichungsformen verschrieben werden. Es gibt dafür zwei Vorschriften: Erstens muss der Patient schwer krank und weitgehend ausbehandelt sein. Es darf nur noch um eine Beschwerdelinderung zur Verbesserung der Lebensqualität gehen. 

Zweitens muss medizinisches Cannabis vom behandelnden Arzt verschrieben werden. Da entscheidend ist, wie schnell solche Medikamente wirken, gibt es Medizinalcannabis in verschiedenen Darreichungsformen.

Der häufig bei medizinischem Cannabis verwendete Begriff „Nabilon“ meint ein vollsynthetisches THC-Derivat. THC ist das Kürzel für Tetrahydrocannabinol, bekannt als psychotrop wirkende Droge aus Marihuana. In seiner synthetischen Reinform darf THC als Medikament verordnet werden. 

Der zweite Begriff ist „Dronabinol“. Auch hier handelt es sich um ein teil- oder vollsynthetisch hergestelltes Tetrahydrocannabinol-Derivat (THC). Es wird meist in Form von Tropfen oder Kapseln verordnet. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für eine Behandlung mit beiden Substanzen.

Die aktuelle Situation in Deutschland

Bisher darf nur das Cannabinoid CBD frei verkauft werden, sofern der vom Gesetzgeber vorgegebene THC-Restgehalt eingehalten wird. Präparate mit höheren THC-Werten fallen unter das Betäubungsmittelgesetz. 

In der Forschung mangelt es derzeit noch an Langzeitstudien mit ausreichend hohen Probandenzahlen. Solche Cannabis Studien müssen zu jeder einzelnen Erkrankung durchgeführt werden, bei der Medizinalcannabis hilfreich sein könnte. Bis das geleistet ist, dauert es Jahrzehnte. CBD-Präparate dürfen derzeit nur als „Novel Food“ ohne Heilsversprechend verkauft werden. 

In manchen Ländern gilt CBD wegen des Restgehalts an THC als Droge. Der Besitz von Cannabis wird entsprechend geahndet – manchmal mit der Todesstrafe. Gleiches gilt prinzipiell auch für vom Arzt verschriebenes Medizinalcannabis. In der Regel sind die damit behandelten Patienten aber so schwer krank, dass sie kaum reisefähig sein dürften. 

Medizinalcannabis wird nur unter strengster Indikation verordnet. Es enthält hochdosiertes CBD, höhere als vom Gesetzgeber erlaubte Anteile an THC bzw. es besteht nur aus THC-Derivaten. Eine Verordnung solcher Medizinal-Präparate gilt derzeit für Multiple Sklerose, AIDS, verschiedene Krebsformen, chronische Schmerzen und schwere Epilepsie-Formen als vertretbar.

Die Darreichungsformen für Medizinalcannabis

Wenn ein Mediziner die Mitbehandlung mit Medizinalcannabis als sinnvoll ansieht, hat der Patient diese oft erbeten. Die bisherigen Medikamente hatten schwere Nebenwirkungen und/oder die Beschwerden wurden nicht in ausreichendem Umfang gelindert. Nun muss überlegt werden, in welcher Form der Betroffene das Medizinalcannabis zuführen soll und wie schnell der Wirkungseintritt jeweils erfolgt. 

Fertigmedikamente mit Medizinalcannabis

Die Verordnung von Medizinalcannabis kann Fertigmedikamente mit THC- und CBD-Gehalt betreffen. Solche Medikamente sind als Spray oder Tabletten erhältlich. 

Der Vorteil von Cannabis-Mundspray ist, dass die Wirkstoffe über die Mundschleimhaut aufgenommen werden. Sie wirken schnell und ohne Wirkstoffverlust. Tabletten werden oral zugeführt. Sie nehmen den Weg über das Verdauungssystem, wo ein Teil der enthaltenen Cannabinoide neutralisiert wird. Zudem setzt die Wirkung von Tabletten-Inhaltsstoffen verzögert und mit Wirkstoffverlusten ein. 

Die verordneten Cannabis-Präparate können das Dronabinol-Fertigarzneimittel „Sativex“ oder das Präparat „Canemes“ mit dem Wirkstoff Nabilon betreffen. Der Wirkeintritt ist 30 bis 60 Minuten nach der Einnahme. Binnen zweier Stunden erreicht die Wirkung ihren Höhepunkt und baut sich dann langsam ab.

Das bekannteste deutsche Medizinalcannabis-Präparat ist „Sativex“-Mundspray. Dieses THC-haltige Fertig-Arzneimittel basiert auf dem Wirkstoff Dronabinol. Mit Sativex können Spastiken gelindert und eine Symptomlinderung erzielt werden. Dazu tragen auch die psychotropen Eigenschaften des Sprays bei. 

Zugeführt wird das „Sativex“-Spray während einer Mahlzeit. Pro Sprühstoß werden 2,7 Milligramm THC und 2,5 Milligramm CBD zugeführt. Die Wirkung tritt schnell ein. 

Kapseln mit CBD und THC-Gehalt

Ein als Kapsel verordnetes Medizinalcannabis-Präparat ist „Canemes“. Hierbei handelt es sich um eine vollsynthetische Fertigarznei auf Basis von Nabilon. Canemes wird bei schwerer Übelkeit durch Chemotherapie-Behandlungen verordnet. Verordnet werden Canemes-Kapseln daher nur krebskranken Erwachsenen. 

Nabilon und Dronabinol wirken ähnlich. Am Abend vor einer Chemo-Sitzung wird eine Kapsel „Canemes“ verabreicht. Ein bis drei Stunden vor Beginn der Chemo wird eine weitere Kapseln eingenommen. Gegebenenfalls kann der behandelnde Arzt anordnen, dass bis zu 48 Stunden nach dem Chemotherapie-Zyklus zwei mal zwei Kapseln Canemes eingenommen werden dürfen.

Ein anderes kapselförmiges Medizinalcannabis-Präparat ist das aus den USA stammende „Marinol“. In Deutschland wird dieses importpflichtige Cannabis-Medikament wegen seiner Nachteile selten verordnet. Die Gelatine-Kapseln sind mit synthetisch hergestelltem Dronabinol, einem reinen THC-Derivat befüllt. CBD ist nicht enthalten. Die Vorteile von Vollspektrum Cannabis-Präparaten entfallen.

Eingesetzt werden „Marinol“-Kapseln vorzugsweise bei AIDS-Betroffenen, aber auch bei Chemotherapie-bedingter Übelkeit und chronischen Schmerzen. Bei den Patienten ist dieses Kapselpräparat nicht sehr beliebt. Es lässt sich nur schwer so dosieren, dass es ausreichend gut wirkt.

Cannabis-Blüten, Cannabis-Tropfen und Cannabis-Öl

Medizinische Cannabis-Blüten dürfen nicht frei gehandelt werden. Sie enthalten unterschiedlich hohe Konzentrationen an CBD und THC. Eine Einhaltung des THC-Grenzwertes sowie die korrekte Dosierung sind damit erschwert. Die Blüten jeder Cannabis-Sorte müssen individuell bewertet werden. 

Die meisten Patienten, denen Cannabis-Blüten verordnet werden, probieren verschiedene Cannabis-Sorten aus, bis sie die für sie geeignete Blütenmischung gefunden haben. Üblicherweise beginnt man mit geringen Dosen und steigert die Einnahme bis zur hilfreichen Dosis. 

Cannabis-Blüten werden verdampft. Der Rauch wird inhaliert. Der Vorteil der verdampften Blüten: Auch hier erfolgt die Aufnahme der Cannabis-Wirkstoffe in den Blutkreislauf schnell. Für das Vaporisieren von Cannabis-Blüten sind lediglich die Vaporisierer „Volcano Medic“ und „Mighty Medic“ von „Stortz & Bickel“ zugelassen. Ob die Krankenkassen die Kostenübernahme dafür bewilligen, ist unterschiedlich.

Man könnte zwar einen Tee aus Cannabis Blüten bereiten. Dessen Zubereitung erfordert jedoch eine spezielle Vorgehensweise. Cannabis-Blüten können außerdem geraucht werden. Das Inhalieren von Medizinalcannabis über eine E-Zigarette ist für schwer kranke Patienten aber nicht empfehlenswert. Die Lunge wird durch die Inhalation geschädigt.

Cannabis-Öl oder Tropfen müssen mit einer Pipette in den Mund geträufelt und kurze Zeit unter der Zunge behalten werden. In diesem Fall werden die Wirkstoffe über die Mundschleimhaut absorbiert. Der Wirkeintritt erfolgt je nach Lage binnen 15 oder 30 Minuten. 

Cannabis-Öl oder ölige Cannabis-Tropfen können nach Vorlage eines entsprechenden Rezepts in einer Apotheke hergestellt werden. Beide müssen oral oder sublingual zugeführt werden. Sie zu erhitzten, um die Dämpfe zu inhalieren, ist wegen der dann entstehenden Pyrolyse-Produkte gesundheitsschädlich.